Was vorher geschah.
Mit dem Jahr 2018 ist das Projekt "Der Mensch in der Zeit" zu einer guten Lektüre gereift. Hier kannst du nachlesen, wie es mir in den Jahren von 2013 - 2018 ging. Mein Fahrplan aus der Depression zu Glück und Gesundheit, zu inneren Frieden und Liebe.

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Juli · Überraschung · Eises Kälte

An einem herrlichen Sonnentag saß ich mit einer sehr schönen Frau bei Kaffee und Kuchen auf der Terrasse eines Kreuzberger Restaurants. Die Luft war voller Glück. Ebenso war auch unsere Stimmung. Wir nahmen draußen unseren Platz ein und blickten einander an. Das Ufer direkt neben uns bot dem prüfenden Auge genügend Abwechslung, um nicht zu erröten.
Innerlich schweifte der Blick eher in tiefer Zufriedenheit rückblickend auf das eigene Leben. Im Laufe des Geschehens überkam uns überraschend und von beiden Seiten unbemerkt, doch wohlwollend hingenommen, ein Augenblick der Stille.
Eine unerreichte Wärme, ein klares Licht mit allen Farben der Welt durchflutete uns. Wir waren in den „Raum außerhalb der Zeit“ eingetreten. Da geschah, dass unsere Seelen sich umarmten, der Liebe zueinander gestanden. Nicht in elf Minuten. Eher in drei langen Sekunden nach diesem sinnlichen Austausch der Zärtlichkeit gaben sich die beiden Seelen wieder frei. Der Lebensweg ging schon jetzt weit auseinander. Diese kurze Begegnung in dem „Raum außerhalb der Zeit“ hat bis heute die Wärme, die Farben, die Geborgenheit in meiner Erinnerung erhalten. Es war das letzte Mal, dass wir uns trafen. Es ist nun schon über zehn Jahre her.
Vor einigen Jahren lag ich im Marien Hospital wegen starker Schmerzen, die nicht aufhörten. Schmerzen, die über Wochen mich und die Ärzte beschäftigten. Keine Untersuchung, keine Medizin verhalf dem Schmerz Einhalt zu gebieten.
Geduldig schluckte der Körper jede Pille, nahm jeden Tropf gefüllt mit stärksten Drogen auf, als wäre es reines Wasser. Nichts half, nichts beeinflusste den Schmerz. Allein die Zigarette draußen rauchend, im Gebet mit Blick auf eine Urkirche, vermochte für zwanzig Minuten Linderung zu bringen.
So ging das Tag um Tag und Nacht um Nacht. Keine Besserung, kein Schlaf, nur der Schmerz war mein Leben. Da suchte ich das Gespräch mit der lieben Nachtschwester, die mir jede Nacht einen extra großen „Tilidura“ reichte, der auch etwa zwanzig Minuten half.
Wir tranken im kleinen TV-Raum zusammen unseren Tee und unterhielten uns über mich und die anhaltenden Schmerzen. Eine Tasse Tee ist schnell getrunken. So dachten wir am Anfang noch. Wir merkten beide nicht, wie wir der Welt entflohen waren. Hinein in den „Raum außerhalb der Zeit“. Da waren keine Schmerzen, da war sie wieder diese Wärme, dieses Licht mit all den Farben und die Geborgenheit. Das Heimatgefühl in seiner ganzen Pracht erklang in uns. Als unser Bewusstsein aus diesem Zustand erwachte, waren einige Stunden vergangen. Erschrocken darüber ging die noch viel lieblicher gewordene Nachtschwester eilig an ihre Arbeit zurück.
Ich legte mich ins Bett und lauschte bis zum Morgen dem Klang, der in mir war. Es war der Morgen an meinem letzten Tag in diesem Hospital. Die Ärzte wussten nichts mehr mit mir anzufangen, und es war geplant, mich in eine andere Klinik zu verlegen. Nach dem Frühstück jedoch kam die Ärztin überraschend zu mir ans Bett und brachte einen anderen Arzt mit, der nicht direkt im Hospital praktizierte. Er schaute auf mich, prüfte mein Bein und sagte, er wisse was ich habe. Beide gingen, sich zu besprechen.
Am Mittag bekam ich die bittere Diagnose mitgeteilt, und einige Zettel mit Informationen darauf wurden mir überreicht. Dazu gab es die passende Medizin. Es gab keinen Tropf mehr, nur Tabletten.
Schon am Abend ließen die Schmerzen sehr deutlich nach. Ich schlief die Nacht lang durch und musste am Morgen geweckt werden. Das erste Mal seit Wochen ohne Schlaf habe ich eine ganze Nacht durchgeschlafen.
Der Klang aus dem „Raum außerhalb der Zeit“ hatte mich am letzten Tag vor der Umsetzung in eine andere Klinik bewahrt. Ich durfte noch drei Tage bleiben.
Wenig später besuchte ich die Reha. In den drei Wochen gingen die Schmerzen auf ein ertragbares Minimum zurück. Die Diagnose stellte sich als fehlerhaft heraus. Die Tabletten konnte ich schon während der Reha absetzen. Das Bein war wieder voll beweglich. Ein paar Tage nach der Reha ging ich noch einmal in das Hospital. Ich wollte mich für die Behandlung bei der Ärztin bedanken. Wichtiger war mir die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit der lieben Nachtschwester. Es kam zu keinem Wiedersehen, aber den Dank an die Ärztin, sitzend im kleinen TV-Raum, konnte ich erweisen. Erstaunt über meine Genesung, die hätte laut Schulmedizin nicht sein können, sagte die Ärztin zu mir „Wer heilt, hat Recht“.
Wir ließen es dabei. Ich lächelte zufrieden.
Wenige Wochen später wurde das Hospital wegen Unwirtschaftlichkeit für immer geschlossen.
Der Klang ist in mir geblieben.
Tränen der Freude erhellen einsame Zeiten, Zeiten, in denen der Körper im Ganzen der eisigen Kälte widersteht.
Überraschung, weil man den „Raum außerhalb der Zeit“ nicht willkürlich betritt. Wenn es geschieht, ist es ein vom Bewusstsein unbemerkter fließender Übergang.
Eiseskälte, weil das Zurückkommen in die alltägliche Realität so empfunden wurde.


2014
MITEINANDER

Auch in diesem Jahr habe ich mir vorgenommen, meine monatlichen Gedanken zu den Themen aus dem Paulo Coelho Buch-Kalender 2014 Miteinander hier niederzuschreiben.

Hauptseite Gedanken - das Original ↗


Eigene Texte zum Paulo Coelho Kalender 2014
    Miteinander
  • MITEINANDER - EIN HERZ - EINE ERDE
  • In der lebendigen Natur geschieht nichts, was nicht in einer Verbindung mit dem Ganzen steht.
    (Johann Wolfgang von Goethe)
Eine Erde
Die Maibaumkrone in der Sonne jüngst so verblaste,
im Trommelklang der alten Märsche Worte,
die Fahnen hängen nur noch schlapp am Maste,
das Kopfsteinpflaster scheinbar fest am Orte.
Da bin ich in der neuen Zeit,
die Lunge atmet Luft so klar und rein,
das Auge schaut den Weg so breit,
hier bin ich Gott, hier darf ich sein.
Ah, so geht das.
„Nur der wird geliebt und geachtet, der sich selber liebt und achtet. Versuche nie, allen zu gefallen, oder du wirst die Achtung aller verlieren.“
Paulo Coelho: Die Schriften von Accra





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